Praxis-Tipps

Mit intelligenter Preisgestaltung gegen wirtschaftliche Unsicherheit

Dieser Beitrag ist Teil 28 von 30 in der Serie Preiserhöhungen

Die Kundschaft von heute ist so unberechenbar wie die Weltwirtschaft. Früher konnten die Unternehmen auf historische Daten zurückgreifen, um eine solide Prognose für die kommenden Monate zu erstellen.

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Doch die Pandemie, die daraus resultierende Unterbrechung der Lieferkette sowie die rekordverdächtige Inflation haben alles durcheinandergebracht: Der Planungsprozess ist auf den Kopf gestellt – mit schwerwiegenden Folgen für Großhändler, Lebensmittelproduzenten und alle Beteiligten der Lebensmittelversorgungskette. 

Die Angebots- und Nachfrageschwankungen der letzten zwei Jahre haben zu einem hyperreaktiven Einkaufsverhalten geführt, das sich stark auf die nachgelagerten Bereiche auswirkt. Gleichzeitig wurden die Herausforderungen des Einzelhandels auf die Lieferanten und Distributoren verlagert. Es besteht zwar die Hoffnung auf eine Rückkehr zu stabileren und berechenbareren Warenströmen. Doch angesichts der sich abzeichnenden weltweiten Rezession ist dies nicht sehr wahrscheinlich. 

Um die kommenden Monate zu überstehen, müssen Großhändler und Distributoren ihre Aufmerksamkeit auf die Preisgestaltung sowie auf das Bonus- und Rabattmanagement richten. Damit lässt sich sicherstellen, dass diese finanziellen Eckpfeiler so gehandhabt werden, dass sie größeren Schwankungen standhalten. 

Die Politik der Preisgestaltung

Foto: Supermarkt-Inside

Wenn die Lebensmittelpreise in die Schlagzeilen geraten, dann immer aus den falschen Gründen. Seit einem Jahr stehen Produzenten und Distributoren zunehmend unter Beschuss, weil sie die Preise erhöht haben – und das, obwohl allgemein bekannt ist, dass die Betriebskosten und Rohstoffpreise gestiegen sind. Nun haben einige große Einzelhändler mit ihrer öffentlichen Kritik an den Preiserhöhungen der Produzenten Öl ins Feuer gegossen. 

Ein Grund dafür: Einige Marken haben umfassende Preiserhöhungen für ihr gesamtes Sortiment vorgenommen, anstatt einzelne Produkte im Sortiment anzupassen. Für die Aktionäre ist das eine beruhigende Nachricht, für die Kunden und Verbraucher hingegen eine harte Nuss. Denn nicht alle Produkte sind in gleichem Maße von der Inflation betroffen, so dass sich die Frage nach der Legitimität der Preiserhöhungen stellt.

In der Praxis ist es für die meisten Produzenten und Großhändler schwierig, differenzierte Preisänderungen vorzunehmen. Selbst die größten Konsumgüterkonzerne verwalten ihre Preise immer noch mit Tabellenkalkulationsprogrammen. Das macht es äußerst schwierig, die tatsächliche Gewinnspanne für jedes Produkt, jeden Vertriebskanal und jeden Kunden zu ermitteln. Anstatt die Preise jener Artikel zu erhöhen, deren Gewinnspannen am stärksten unter Druck geraten sind, und die Preise für andere Artikel beizubehalten oder sogar zu senken, ist es einfacher, das Gesamtergebnis zu betrachten und von dieser Basis aus zu agieren. Problematisch ist diese Methode deshalb, weil sie das Vertrauen untergräbt und keinen Spielraum lässt, wenn die Kosten weiter steigen.

Langfristige Kundentreue 

Mit dem weiteren Wachstum der Eigenmarken wird es für die Lebensmittelproduzenten und -händler noch wichtiger, die richtige Preisgestaltung zu finden. Aktuelle Verbraucherstudien zeigen, dass neun von zehn Käufern beim Lebensmitteleinkauf auf Schnäppchenjagd gehen. 73 % der Verbraucher haben an den Eigenmarken Geschmack gefunden und wollen diese auch dann noch kaufen, wenn sich die Wirtschaftslage bessert. Es besteht kein Zweifel daran, dass viele Lebensmittelhersteller einen hohen Markenwert haben. Trotzdem gilt es hinsichtlich Preiserhöhungen vorsichtig zu agieren, da die Verbraucher unter Druck stehen.

Komplexität durch manuelle Prozesse

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 Für Produzenten, Großhändler und Distributoren bedeutet die Auftragsvolatilität in Verbindung mit den ohnehin schon hohen Transport- und Lagerkosten: Die Preisgestaltung muss absolut glaubwürdig und konsistent sein und muss auf den tatsächlichen Inputkosten mit integrierter garantierter Marge basieren. 

Die Komplexität der Preisgestaltung sowohl auf Käufer- als auch auf Verkäuferseite – mit ihrem Geflecht aus individuellen Sonderangeboten und Rabatten eine komplexe Angelegenheit. Der Zeitaufwand für die Verwaltung von Dutzenden von Kalkulations- und Rabatttabellen stellt für die meisten Unternehmen eine große Ressourcenverschwendung dar. Zudem ist es fast unmöglich, einen Echtzeit-Überblick über die Rentabilität zu erhalten. 

Hilfreich ist hier die Umstellung auf eine intelligente, automatisierte Preiskalkulation, die diese Komplexität beseitigen kann. Kosteninformationen werden dann automatisch mit der Preisgestaltung verknüpft, so dass Unternehmen sofort erkennen können, wo Margen erzielt werden oder wo die Einpreisung geändert werden muss, um den Umsatz oder die Rentabilität nach Kunde, Vertriebskanal und Produktlinie zu verbessern. 

Die Preisgestaltung kann einfach nach vordefinierten Regeln erfolgen, z. B. mit Anpassungen in Verbindung mit Zahlungs- oder Rückgabebedingungen. Intelligente automatisierte Tools eliminieren das Risiko menschlicher Fehler bei der Preiskalkulation, die die Hersteller und Großhändler jedes Jahr Millionen kosten. 

Mehr Zeit für den Kunden

 In Zeiten knapper Margen muss der Vertrieb über die richtigen Informationen verfügen. Die Leistung des Vertriebs kann nicht allein auf dem Transaktionswert basieren, wenn dieser Umsatz instabil ist und storniert werden kann. Wenn Vertriebsmitarbeiter in der Lage sind, Aufträge vor Ort zu modellieren, können sie sicherstellen, dass sie einen Preis vereinbaren, der die erforderlichen Margen und Bedingungen bietet, um dieses Risiko zu reduzieren.  

Durch den Einsatz automatisierter Preismanagement-Tools wird der Zeitaufwand für das Preismanagement verringert. Da Änderungen schnell vorgenommen und sofort umgesetzt werden können, bleibt mehr Zeit für Kundengespräche.

Den Überblick über Rabatte behalten

Foto: Supermarkt-Inside

Die Verwaltung von Rabatten ist einer der aufwändigsten Aspekte der Finanzverwaltung in der Lebensmittelproduktion und im Großhandel. Die heutige Volatilität führt dabei zu noch größeren Herausforderungen – im Durchschnitt gehen jedes Jahr 2,4 Millionen Euro an nicht beanspruchten Rabatten verloren. 

Durch die Umstellung auf ein automatisiertes System können Produzenten und Großhändler Umsatzeinbußen vermeiden, indem sie die Zahlung immer dann berechnen, geltend machen oder leisten, wenn sie fällig ist. Die Geltendmachung eines Anspruchs bei Fälligkeit verringert auch die Anzahl der Tage, an denen Erstattungen ausstehen. Dies verbessert den so wichtigen Cashflow erheblich.

Produzenten und Großhändler können sich einen täglichen Überblick über die Rabatte verschaffen, indem sie die Einnahmen verbuchen, sobald sie anfallen und nicht erst, wenn sie eingehen, so dass sie sofort in Preisentscheidungen einfließen können. In der Zwischenzeit können genaue und detaillierte Debitorenberichte das Inkasso verbessern, indem sie es den Lieferanten erleichtern, Freigaben zu erteilen.

Fazit

Nach drei turbulenten Jahren wirkt die Aussicht auf eine Rezession wie ein herber Rückschlag für Unternehmen, die eine Pandemie, Unterbrechung der Lieferketten, Rekordinflation und chaotisches Kaufverhalten überstanden haben. Wer sich jedoch die Zeit nimmt, grundlegende Geschäftspraktiken wie die Preisgestaltung und -kalkulation zu überprüfen und zu überdenken, kann weitaus bessere Ergebnisse erzielen, ohne künftiges Wachstum zu gefährden. Die Abkehr von einem manuellen, zeitaufwändigen und fehleranfälligen Preis- und Rabattmanagement wird Umsatzeinbußen verringern, Margen verbessern und erhebliche Effizienzsteigerungen ermöglichen.

Über den Autor:

Foto: Flintfox

John Moss ist CEO von Flintfox International. Nach seinem Ingenieurstudium an der Universität Oxford war John Moss zunächst als Wirtschaftswissenschaftler im Energiesektor tätig, bevor er in die Technologiebranche wechselte, wo er verschiedene Führungspositionen innehatte. John Moss verfügt zudem über eine Ausbildung im Umgang mit explosiven und radioaktiven Stoffen.

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Fotos: Archiv Supermarkt-Inside und wie gekennzeichnet.

 

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